01. September 2023:
AUS UND VORBEI: MLP IST IN WALDNIEL GESCHICHTE!!!
Wie Bürgermeister Andreas Gisbertz heute bekanntgab, werden die von uns und zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern abgelehnten Pläne der Fa. MLP zur Errichtung eines Gewerbe- und Industrieparks auf dem ehemaligen Rösler-Gelände nicht umgesetzt werden – gut so!
Mittlerweile gibt es einen neuen Käufer des Geländes. Bleibt abzuwarten, welche Pläne dieser hat, wir bleiben dran …
11. Januar 2023:
Nach wie vor: wir wollen den BESTEN PLAN FÜR SCHWALMTAL. Genau das ist der zuletzt von der „MLP Group“ vorgelegte (mittlerweile dritte) Planentwurf aber nicht!
Wie ist denn nun der aktuelle Stand im Planungsverfahren für die Nachnutzung des ehemaligen Rösler-Gelände? Darauf geben wir mit Bündnis 90/Die Grünen in einer gemeinsamen Stellungnahme Antworten:
Am 29.11.2022 tagte der Planungsausschuss der Gemeinde Schwalmtal. Dort wurde die inzwischen dritte Planungsvariante des Investors „MLP Group“ zur Nachnutzung des Rösler-Geländes vorgelegt. Es wurde darüber abgestimmt, ob der betreffende Bebauungsplan öffentlich ausgelegt werden soll. CDU und FDP stimmten mit einer Stimme Mehrheit dafür, die Fraktionen der Grünen und der SPD stimmten dagegen.
Zuvor wurde sowohl im Ausschuss als auch anschließend unter den etwa 80 Bürgerinnen und Bürgern in einer eigens dafür vorgesehenen Sitzungsunterbrechung intensiv debattiert. Es zeigte sich wiederholt, dass große Teile der Politik und Bevölkerung die investorengetriebene Planung für das ehemalige Rösler-Gelände grundsätzlich für falsch halten und stattdessen mit einer investorenunabhängigen Planung eine andere Voraussetzung für die künftige Nutzung des Geländes schaffen möchten.
Dazu gehören insbesondere: die Verträglichkeit hinsichtlich Verkehr, Umwelt- und Klimaschutz sowie Städtebau, die Ausrichtung auf eine zukunftsweisende und nachhaltige Nutzung sowie eine tragfähige wirtschaftliche Ertragsprognose.
Grünen und SPD sehen keine dieser wesentlichen Bedingungen für eine erfolgreiche und verträgliche Nachnutzung des Rösler-Geländes erfüllt. Schwalmtal kann sich jedoch schlichtweg nicht leisten, auch nur auf eine dieser Bedingungen zu verzichten: die Verkehrsbelastung ist bereits jetzt überdurchschnittlich hoch – daher wird ja auch auf unseren Antrag intensiv an einem Verkehrskonzept für Schwalmtal gearbeitet. Die aktuellen und künftigen Veränderungen insbesondere in der Arbeitswelt verlangen nach zukunftsfesten Konzepten, z. B. in Bezug auf den Fachkräftemangel. Und nicht zuletzt: die Gemeinde Schwalmtal muss nach Jahrzehnten knapper Kassenlage endlich in die Position kommen, zuverlässig Erträge zu erwirtschaften.
Das Rösler-Gelände ist eine vergleichsweise riesige Fläche, auf der jedes Potenzial dafür genutzt werden muss – weitere Flächen zur gewerblichen Nutzung stehen der Gemeinde nicht mehr zur Verfügung. Es muss also darum gehen, die Ansiedlung von Unternehmen oder Einrichtungen zu planen, die nachhaltige Erträge erwarten lassen.
Der durch die „MLP Group“ vorgelegte Planentwurf ist nicht der beste Plan für Schwalmtal, sondern der beste Plan für den Investor.
Er wurde nach erster öffentlicher Auslegung im Rat der Gemeinde und auch auf Empfehlung von Bürgermeister Gisbertz abgelehnt. Die zweite und dritte Auslegung im Juni und November 2022 wurden von Grünen und SPD abgelehnt. Zugleich haben wir beantragt, eine unabhängige Planung zur Wahrung der oben genannten Bedingungen vorzuschalten und auf dieser Grundlage Investoren zu suchen. Wir halten nach wie vor an diesem Vorschlag fest: Wir wollen den besten Plan für Schwalmtal.
Handfeste Bedenken:
Die zweite Planungsvariante vom Juni 2022 zog über 130 Eingaben von Schwalmtaler Bürgerinnen und Bürgern nach sich. Ebenso trugen Träger öffentlicher Belange (übergeordnete Behörden, Nachbarkommunen, Interessenverbände usw.) handfeste Bedenken vor, die auch in der jetzigen dritten Variante Bestand haben. Die Stadt Viersen warnt vor absehbarer Überlastung in Mackenstein, Straßen.NRW weist mit Bezug auf mögliche Überlastung auf ggf. nötige Ausbaukosten im Straßenbau hin, die von der Gemeinde Schwalmtal zu tragen wären. Außerdem werden geplante Maßnahmen zur Verkehrslenkung bezweifelt (Straßen.NRW) bzw. abgelehnt (Autobahn GmbH).
Sämtliche Eingaben wurden bis heute nicht beantwortet. Stattdessen wurden sie zum Teil herangezogen, um juristische und planerische Fehler zu heilen: die zweite Planungsvariante war noch nicht einmal genehmigungsfähig.
Interessenkonflikt aufgedeckt – Kanzlei legt Mandate nieder:
Zwischenzeitlich hatte der Vorhabenträger „MLP Group“ die namhafte und im Planungsrecht weithin bekannte Anwaltskanzlei Lenz & Johlen beauftragt, die rechtliche Beratung für die im November vorgelegte dritte Planungsvariante zu übernehmen. Im Planungsausschuss am 29.11.22 stellte sich jedoch heraus, dass dieselbe Kanzlei seit Juni 2022 auch die Schwalmtaler Bürgerinitiative „Bürger gegen Logistikpark“ berät. Der so aufgedeckte Interessenkonflikt führte dazu, dass die Kanzlei umgehend beide Mandate niedergelegt und sich bei der Bürgerinitiative entschuldigt hat.
Auch in der dritten Variante immer noch Mängel:
Die Planung in der nun vorliegenden dritten Variante weist allerdings nach wie vor eklatante Mängel auf. Es ist klar erkennbar, dass der Vorhabenträger versucht, Zugeständnisse in Richtung wesentlicher Kritikpunkte zu machen: Gebäudehöhen werden um ca. 2 Meter verringert, die Verkehrsprognosen werden auf Basis neuer rechtlicher LKW-Gewichtsklassen neu gerechnet (mehr dazu weiter unten), die Pflanzung großer Bäume wird in Aussicht gestellt. Verfolgt man allerdings die Diskussion seit Beginn des Verfahrens, so stellt man leicht fest, dass der ursprüngliche MLP-Plan das ideale Maximum für den Vorhabenträger gewesen wäre. Die inzwischen aufgetretenen Widerstände in Schwalmtal haben in einer Art Salami-Taktik zu Zugeständnissen geführt, zu denen die „MLP-Group“ zunächst keineswegs bereit war (z. B. die ausgewogenere Verteilung des zu erwartenden Güterverkehrs).
Planung im Kern unverändert:
In der nun vorliegenden, dritten Variante werden diese Zugeständnisse sowohl von Befürwortern als auch vom Vorhabenträger selbst als Verbesserungen dargestellt – obwohl in den Sitzungen und Stellungnahmen zuvor genau diese, offenbar sehr berechtigten Kritikpunkte stets mit der Drohung abgelehnt wurden, daran das Vorhaben scheitern zu lassen.
Allerdings muss man leider auch feststellen: auch die Zugeständnisse ändern nichts an der Tatsache, dass die vorliegende Planung nicht im Interesse Schwalmtals, sondern nach wie vor ausschließlich im Interesse des Investors liegt. Sie ist im Kern nicht verändert. Aber schon die Ausgangslage verbietet diese Umsetzung: die „MLP Group“ hat einen guten Plan für einen Gewerbe- und Logistikpark vorgelegt. Ein solches Vorhaben lässt sich jedoch grundsätzlich nicht in zentraler Ortslage verantworten.
Eingaben noch bis zum 16.01. möglich:
Die nun vorliegende dritte Planungsvariante enthält weiterhin erhebliche Mängel, die auch von den Fraktionen der Grünen und der SPD im Planungsausschuss vorgetragen wurden. Die derzeitige Offenlage bis zum 16.01.2023 eröffnet jeder Bürgerin und jedem Bürger die Möglichkeit, eigene Eingaben zu formulieren – die weit über hundert bisherigen Eingaben können also noch ergänzt werden. In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals deutlich machen, dass das Verfahren nach wie vor am Anfang steht und keineswegs am Abschluss – geschweige denn, schon eine „beschlossene Sache“ ist.
Auch die dritte Vorlage halten wir für nicht genehmigungsfähig. Hier ein Auszug unserer Kritikpunkte:
Nicht gesicherte Finanzierung:
Der Vorhabenträger, MLP Schwalmtal Sp. z o.o. & Co. KG (diese Rechtsform entspricht der deutschen GmbH), ist eine haftungsbeschränkte Tochtergesellschaft der „MLP Group“ mit Sitz in Polen. Ob eine Patronatserklärung vorliegt, konnte bei der Ausschusssitzung am 29.11.2022 nicht geklärt werden (damit würde die „MLP Group“ ihrer Tochter Kreditwürdigkeit zusichern). Die Deckungshöhe durch Einlage kann somit nicht berücksichtigt werden. Ob der Vorhabenträger zur Durchführung des Projektes in der Lage ist, steht somit nicht fest. Dies muss jedoch zwingend im Vorfeld geklärt werden. Sollte eine Insolvenz während der Bauphase entstehen, muss sichergestellt sein, dass das Projekt fertiggestellt werden kann.
Umgang mit dem Argument „Ankermieter“:
Bei der zweiten Version wurde der Erhalt von ortsansässigen Arbeitsplätzen in den Vordergrund gestellt – „Ankermieter“ sollte die Firma Hessing werden, derzeit angesiedelt im alten KUAG-Gebäude in Schwalmtal. Der seinerzeit als dringend erforderlich dargelegte Umzug des Ankermieters ist jetzt kein Thema mehr. Nun begründet MLP damit aber die Neuauslegung – obwohl bereits in der zweiten Version auch eine Variante ohne Ankermieter enthalten war (was planungsrechtlich wiederum nicht haltbar war: ein zu Beschlüssen vorgelegter Plan kann nicht zwei Pläne enthalten).
Keine Beseitigung der Altlasten:
Leider ist die Umsetzung des vorgelegten Bebauungsplans auch nicht die propagierte schnelle Lösung zur Beseitigung der sogenannten „tickenden Zeitbombe“ der Altlasten. Die Altlasten werden nicht beseitigt, sondern lediglich gesichert. Hierzu muss weiterhin in regelmäßigen Abständen das Grundwasser über Brunnenbohrungen geprüft werden. Der Vorhabenträger ist verpflichtet, spätestens 12 Monate nach In-Kraft-Treten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans einen vollständigen und genehmigungsfähigen Bauantrag für das Vorhaben einzureichen. Es wird insgesamt viele Jahre dauern, bis die Sicherungssanierung abgeschlossen ist. Also auch hier sticht das Argument der Dringlichkeit keineswegs.
Prüfung anderweitiger Planungsmöglichkeiten:
Im Umweltbericht heißt es wörtlich: „Aufgrund der vorhandenen Bodenbelastungen (…) ist eine vollständige Versiegelung der Flächen notwendig; alternative Nutzungen, wie beispielsweise Wohnnutzungen, kommen daher aufgrund fehlender Möglichkeiten zur Herstellung geeigneter Frei- und Außenbereiche nicht in Betracht. Lediglich eine gewerblich-industrielle Nutzung ist an dieser Stelle zur Nachnutzung geeignet.“
Diese Aussagen sind nicht plausibel, da die komplette Versiegelung aus Bodenschutzgründen nicht notwendig ist, sondern auch alternative Sanierungsmöglichkeiten bestehen. Darüber hinaus sieht auch das städtebauliche Konzept keine vollständige Versiegelung vor. Der vollkommene und abschließende Ausschluss von anderweitigen Planungs- und Nutzungsmöglichkeiten ist nicht nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund dringender und stetig wachsender Wohnungsnot ist dieser Umstand von größter Bedeutung für die Gemeinde Schwalmtal.
Drohende Verschärfung der angespannten Lage auf dem Mietwohnungsmarkt:
Die Argumentation mit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze überzeugt nicht. Nahezu sämtliche Schwalmtaler Firmen, aber insbesondere solche mit gleichem Profil wie das Mieterziel im Durchführungsvertrag, suchen händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – hier entsteht also keine Unterstützung durch kluge Ergänzung. Und falls Arbeitsplätze für Menschen außerhalb Schwalmtals geschaffen werden oder Jobs mit geringem Einkommensniveau, ist das für sich betrachtet natürlich nicht zu kritisieren.
Auch die Folgen müssen aber betrachtet werden. Wohnraum für zusätzliche Arbeitskräfte, insbesondere für Personen mit geringerem Einkommen, ist generell nicht vorhanden. Insoweit droht eine Verschärfung der ohnehin schon äußerst angespannten Situation auf dem Schwalmtaler Mietwohnungsmarkt.
Verkehrseinschätzung unkonkret und nicht prüfbar:
Zu den erhobenen Verkehrszahlen gibt es im Bebauungsplanentwurf und im Durchführungsvertragsentwurf verschiedene Angaben: Laut Bebauungsplan sollen 1.352 KFZ-Bewegungen innerhalb von 24 Stunden genehmigt werden, davon 600 Bewegungen im Wirtschaftsverkehr. Diese soll sich wie folgt zusammensetzen: 200 Bewegungen von LKW bis 3,5t (das sind hauptsächlich die klassischen „Sprinter“-Lieferwagen, welche nach einer neuen Verordnung – RLS19 – jedoch nicht mehr berücksichtigt werden). 200 Bewegungen sind für LKW1 (über 3,5t) vorgesehen. Die restlichen 200 Bewegungen entfallen auf LKW2 (LKW mit Anhänger oder Auflieger, ohne Angabe der Tonnage).
Laut Durchführungsvertrag soll es nun jedoch heißen: Das tägliche Verkehrsaufkommen des gesamten Vorhabens (Kfz/24 Std. als Jahresmittelwert des werktäglichen Aufkommens von Montag bis Freitag) ist auf höchstens 550 Kfz-Fahrten je Richtung (d.h. Zu- und Abfahrt Vorhabengrundstück), davon 150 Lkw-Fahrten (Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht > 3,5 t) je Richtung. sowie 100 Lieferwagen-Fahrten (Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht < 3,5 t), zu beschränken.
Das ist zwar auf den ersten Blick eine Verringerung um 100 LKW-Bewegungen pro Tag, hier wird aber nur von einem Jahresmittel gesprochen – was realistisch betrachtet z. B. für die Schwalmtaler Ordnungsbehörden nicht mehr prüfbar ist. Ganz wichtig aber: Es wird nicht mehr zwischen LKW1 und LKW2 unterschieden. Es ist also auch möglich, 300 Bewegungen in der Klasse LKW2 durchzuführen.
Verkehrsprognose und Lärmgutachten nicht plausibel:
Die für die Verkehrsgutachten zu Grunde gelegten Prognosen sind nicht plausibel. Gegenüber 2020 wurden im Gutachten 2022 ohne Begründung die KFZ-Zahl je Hektar Neubauland um 12 reduziert. Die herangezogenen Vergleichszahlen blieben jedoch gleich. Demnach wären aber Mittelwerte von 75 Lkw-Fahrten je ha NBL anzusetzen und nicht 60 (wie 2020) oder 48 (aktuell). Darüber hinaus unterscheidet die herangezogene Fachliteratur auch nicht nach den Fahrzeugarten Lieferwagen Lfw, Lkw1 und Lkw2, so dass auch dieser herangezogene Vergleich nicht plausibel ist.
Da die Prognose der Verkehrszahlen nicht plausibel ist, ist es das Lärmgutachten ebenfalls nicht, denn es basiert auf den Verkehrsprognosen.
Unser Fazit:
Wann reift endlich die Einsicht, dass ein Verfahren mit so vielen Mängeln und vorgebrachten Einwänden nicht zu verantworten ist? Wann wird dem Interesse eines Investors das Interesse der Bürgerinnen und Bürger mindestens gleichgesetzt? Wann beginnen wir in Schwalmtal endlich, eine ganzheitliche Planung durchzuführen, deren Voraussetzung und Ziel das Wohl der Gemeinde ist?
Die „MLP Group“ legt keinen ausgereiften Plan in diesem Sinne vor. Es liegt vielmehr die auf Teufel komm raus aufpolierte und schön gerechnete Version eines gezwungenermaßen angepassten Plans vor, der nie zu Schwalmtal gepasst hat. Auch durch die jetzt vorgelegten, halbherzigen Änderungen wird es niemals ein guter Plan für Schwalmtal – und schon gar nicht der beste.
Da dieser Plan unseres Erachtens nicht genehmigt werden darf, verliert Schwalmtal mit jedem weiteren Durchlauf viel Zeit, den besten Plan für Schwalmtal unabhängig gestalten zu lassen. Dies entspräche dem Selbstverwaltungsrecht unserer Gemeinde und der Verpflichtung aller beteiligten Gremien.